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»... und ich riss mich am Riemen und biss die Zähne zusammen und schiss auf die Kultur,
die mit ihrer dämlichen Metaphysik immer der Glückseligkeit in die Quere kommt.«

Guillermo Cabrera Infante: aus „Drei traurige Tiger“

 

Guillermo Cabrera Infante

Schandtat Chachachá

Originaltitel: Delito por bailar el chachachá
Aus dem kubanischen Spanisch von Claudia Hammerschmidt
Deutsche Erstausgabe

Wenn man es nicht schon längst gewusst hätte, Delito por bailar el chachachá (Schandtat Chachachá) wäre der Beweis: Der kubanische Exilautor und Sprachexorzist Guillermo Cabrera Infante ist ein Meister des Wortes, der Syntax und doppeldeutigen Semantik, der das scheinbar Einfache in seiner Komplexität ausstellt, das passende Wort immer wieder sucht, ohne an Originalität zu glauben, und besessen das eine Thema – Kuba – stets erneut umkreist, ohne je auf die Insel zurückgefunden zu haben. In Schandtat Chachachá ist es die so oft erzählte Geschichte einer heimlichen Liebe zwischen einem verheirateten Mann und einer Frau, die sich in den 1950er und frühen 1960er Jahren in Havanna abspielt. Was so einfach und altbekannt klingt, ist es auch – aber auch wieder nicht, denn die alte Platte scheint einen Riss zu haben und hängengeblieben zu sein, so dass sie dasselbe Motiv immer wieder wiederholt. Den Grund dafür liefert der Autor im Vorwort selbst: Der Text aus drei Erzählungen ist nach dem musikalischen Prinzip des Ostinato aufgebaut, der Wiederholung mit Veränderungen und Verschiebungen, so dass „Der große Ekbó“, „Eine ertrinkende Frau“ und „Schandtat Chachachá“ in Worten Cabrera Infantes „den Widerspruch zwischen Progression und Regression“ durch Wiederholung und so auch den Gegensatz zwischen Realität und Fiktion aufheben will.


Gebunden mit Leseband,

160 Seiten

Preis:

18,40 € inkl. Mwst (D)
18,90 € inkl. Mwst (A)

ISBN: 978-3-902711-02-1


Es kommt zur Inszenierung einer Obsession, die neben der Absage an die Möglichkeit des Neuen und Echten das Echo und damit neben der Wiederholung auch ein unheimliches Moment ins Spiel bringt. Unheimlich aus der Perspektive des ach so aufgeklärten Europäers ist auch die Begegnung mit den Santería-Riten, denen das Paar beiwohnt, die betörende Trommel und Ekstase der Priesterin, deren Ich-Verlust in genauem Gegensatz zum intellektuellen männlichen Protagonisten steht. Doch unheimlich ist auch das Klima von Zensur und politischer Verfolgung, wie es vor allem die letzte der drei Erzählungen prägt. Hier sitzt derselbe intellektuelle Spötter – diesmal als Ich-Erzähler – wie auch in den anderen Erzählungen in einem Restaurant bzw. hier in einer Bar und wartet auf seine Geliebte. Doch während er wartet, begegnet er nicht nur zahlreichen begehrenswerten Frauen, denen er im Kopf gleich verfällt, sondern vor allem auch Kulturpolitikern des Castro-Regimes, die ihn, Ironie des Schicksals, gerade aufgrund seiner Liebe zur Populärkultur verurteilen. Inbegriff des Populären aber sind neben dem wie immer bei Cabrera Infante präsenten Hollywood-Kino der Bolero und der Chachachá, der dem Text die Struktur und den Namen gibt. Denn schon der Titel ist ein Zitat: hier des großen Pianisten und Komponisten der filin-Bewegung Frank Domínguez, dem auch in anderen Texten des Autors wie Drei traurige Tiger und Sie sang Boleros versteckte Ehrungen zuteil werden. So aber inszeniert der Text gerade das, was die offizielle Ideologie vorschrieb und nie erreichte: eine Hommage an das Populäre als harmonische Mehrstimmigkeit, die Abweichungen zulässt und auf Modulationen des immer Gleichen basiert. Ein kleines Meisterwerk, das der Septime-Verlag nun zum ersten Mal auf Deutsch vorlegen wird.

Claudia Hammerschmidt

Schandtat Chachachá ist wie Drei traurige Tiger und ein großer Teil Cabrera Infantes Werk eine Ergänzung zum Film P.M.

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