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"Ich verehre Borges, am liebsten würde ich unter
Borges' Schreibtisch wohnen."
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Roberto
Bolaño |
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Roberto Bolaño
wurde
1953 in Santiago de Chile geboren. Nachdem er einen Großteil seiner
Jugend in Mexiko verbracht hatte, kehrte er Anfang der 70er-Jahre
nach Chile zurück, wo er als erklärter Linker an der
Aufbruchstimmung im Land unter der Regierung von Salvador Allende
Anteil nehmen wollte. Nach dem Militärputsch vom 11. September 1973
wurde er acht Tage gefangen gehalten, konnte aber mithilfe seiner
Freunde das Land verlassen. Er ging erst nach El Salvador und später
zurück nach Mexiko, wo er ein Leben als Bohemien und literarisches
Enfant terrible führte – „ein routinierter Provokateur, von allen
Verlagshäusern gefürchtet. Obwohl er ein Niemand war, platzte er in
Literaturdarbietungen und Lesungen hinein“, erinnerte sich der
spanische Verleger und Schriftsteller Jorge Herralde später an das
ungestüme Wesen des Chilenen.
1977, nach Ende des Franco-Regimes, zog Bolaño nach Spanien, wo er
neben diversen Aushilfsjobs ab den 80er-Jahren sein Leben von den
Preisgeldern bestritt, die er bei literarischen Wettbewerben gewann
– er arbeitete am Tag und schrieb in der Nacht.
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Anfangs verfasste Bolaño surrealistische Lyrik. Er gründete
zusammen mit Mario Santiago die mexikanische Dichterbewegung der
„Infrarealisten“. Später
wandte er sich jedoch der Prosa zu, mit der er ab den 90er-Jahren
zunehmenden Erfolg erzielte. Der endgültige Durchbruch gelang ihm
1996 mit seinem Werk Die Naziliteratur in Amerika, einer
fiktiven Literaturgeschichte, die aus höchst realistisch erfundenen
30 Lebensläufen von nationalsozialistischen Dichtern aus Süd- und
Nordamerika besteht. Wenige Jahre später wurde sein Roman Die
wilden Detektive mit dem spanischen Premio Herralde sowie dem
Premio Rómulo Gallegos ausgezeichnet. Letzterer ist einer der am
höchsten angesehenen Literaturpreise Lateinamerikas.
Bolaños Werk wurde von Kritikern häufig mit jenem von Julio Cortázar
verglichen, der wie er ebenfalls deutlich von Jorge Luis Borges
beeinflusst wurde. Er veröffentlichte zahlreiche Romane, Erzählungen
und Essays.
Immer wieder darauf angesprochen, wo er sich beheimatet fühle,
fielen die Antworten des gebürtigen Chilenen, der einen Großteil
seines Lebens in Spanien und Mexiko verbrachte, verschieden aus.
Manchmal meinte er: „Vielleicht sind es die Menschen, die einer
liebt, in meinem Fall meine beiden Kinder.“ Manchmal erklärte er:
„Ich bin Lateinamerikaner.“ Oft erwiderte er aber auch: „Meine
Heimat ist die spanische Sprache.“
Während seiner letzten Lebensjahre litt Roberto Bolaño an einer
Leberzirrhose. Er verstarb 2003 in Barcelona. In seinem Nachlass
befinden sich mehrere unvollendete Werke.
Bolaños Erzählung Labyrinth aus dem 2007 erschienenen
im Erzählband El secreto del mal ist in
PERSPEKTIVENWECHSEL No 1 zu lesen.
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